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      Might and Magic:        Clouds of Xeen Review

Computerspielen konnte in der Mitte der 90er Jahren ein ziemlich teures Hobby sein. Mein erstes, neues Vollpreisspiel, was ich kaufte, war 1994 Pagan: Ultima VIII und es hat sage und schreibe 130 DM (für die jüngeren unter uns, DM steht für Deutsche Mark, also unsere Währung vor dem Euro :) ) gekostet, einen Betrag, den ein normal sterblicher 14 Jähriger erst durch langes Sparen aufbringen konnte. Da ich bereits seit 1990 mehr oder weniger regelmäßig die Powerplay las, kannte ich bereits einige Rollenspiele, welche ich aber aus dem oben genannten Grund mir nicht leisten konnte. Deswegen war ich heilfroh, als 1995 der Trend Redaktions- und Verlagsgesellschaft mbH die Bestseller Games Serie herausbrachte. Dort konnte man für eine kleine Mark (9,99 DM um genau zu sein) eine Zeitschrift erwerben, welche einen bekannten Klassiker aus den vergangenen Jahren inklusive der Komplettlösung (und noch ein paar Berichte zu aktuellen Spielen) enhielt. Die erste von mir gekaufte Zeitschrift war die Ausgabe 6, das Spiel, was bereits 1992 herauskam und ich unbedingt haben wollte, war nun für ein Taschengeld zu haben: Might and Magic: Clouds of Xeen.

Keine Chance für Fliegen: Der Drache im Vorintro grillt den Plagegeist

Das Land Xeen steht Kopf, als der böse Lord Xeen zusammen mit seinem Haustier (ein grüner Drache) den König ins Exil treibt, die Macht an sich reißt und den königlichen Beschützer Crodo einsperren lässt. Nun muss mal wieder eine Gruppe von Helden die Verhältnisse richten und dem Usurpator seine Grenzen aufzeigen. Tja, und mehr Story gibt es auch nicht, wir haben schließlich die frühen 90er Jahre, da waren die Storys in Rollenspielen noch einfach gestrickt, komplexe Geschichten wie in Baldur`s Gate oder gar Planescape: Torment waren damals noch nicht üblich.

Hilferuf auf Papyrus: Crodo brieft die Party im Intro

Kurzum erstellt ihr eine klassische, sechsköpfige Party, welche aus typischen Fantasyrassen wie Zwerge, Gnomen, Elfen, Halb-Orks und natürlich Menschen gebildet werden kann. Zur Klassenwahl stehen Paladin, Ritter, Barbar, Dieb, Waldläufer, Ninja, Druide, Kleriker und Zauberer zur Verfügung. Neben den genretypischen Attributen gibt es auch noch Talente wie Bergsteigen, Pfadfinder (ermöglicht das durchqueren von Wäldern) oder Gebetsmeister (erhöht die Zauberpunkte für klerikale Zauberanwender wie Paladine und Kleriker), welche die Charaktere im Laufe ihres Abenteuers von Ausbildern erlernen können.

Astrologe, Linguist und....Taschendieb: Darkhan hat dieses mal seltsame Hobbys...

Das Land Xeen wird in einem 3D Fenster dargestellt, wobei die Party schrittweise und in 90° Drehungen die Welt rundenweise bereist, dabei ist Xeen in Felder unterteilt, auf denen Wälder, Gebirge, einfache Hütten oder sogar ganze Städte stehen. Alle NPC sind in Häusern oder Zelten zu finden, die Straßen der Städte werden nur von Monstern bevölkert. Kommt ein Monster oder mehrere (es können maximal 3 Gegner auf einmal auf einem Feld stehen) in Sichtweite, kann die Party mit Geschosswaffen oder Zauber die Gegner auf Distanz bekämpfen. Nach jedem Schuss bzw. nach jedem Zauber kann der Gegner reagieren, indem er je nach Gegner zurückschießt bzw. zurückzaubert oder indem er der Gruppe ein Feld entgegenkommt. Ist der Feind auf dem Feld der Party angelangt, kann jeder Charakter in der Party den Gegner im Nahkampf angreifen, verteidigen, einen Gegenstand benutzen, einen Zauber wirken oder die Flucht ergreifen, wobei allerdings alle Charaktere fliehen müssen, damit auch die gesamte Party das Weite sucht. Ist der Feind besiegt, erhalten die Charaktere ihre Belohnung in Form von Erfahrungspunkten, Gold oder gar Gegenstände. Die Verließe und Türme (welche man nur mit den passenden Schlüssel betreten kann) in der Welt von Xeen erhalten nicht nur Monster und Fallen, sondern auch teilweise knifflige Rätsel, welche gelöst werden müssen, um alle begehrten Schätze zu bekommen. So muss beispielsweise im Tempel des Yak Schalter so gestellt werden, das die Wände verschwinden, die den Weg der Party blockieren. Da die Schalter nummeriert sind, muss die Party einfach nur die Schalter in der richtigen Reihenfolge betätigen, um dieses Rätsel zu lösen, welche aber leicht zu erraten ist, denn es müssen lediglich die Schalter in der Reihengfolge 1-8 betätigt werden. So leicht wie in diesem ersten Dungeon geht es aber nicht weiter, spätere Rätsel,zum Beispiel im Golem Dungeon oder in der Drachenhöhle fordern da schon sehr viel mehr Gehirnschmalz vom Spieler. Später im Spiel muss die Party ein altes Schloss kaufen und mit Megakrediten des Königs renovieren (welche sich in den Dungeons und Höhlen befinden). Um in diesem Schloss die Kellertür zu öffnen, muss die Party das ganze Schloss nach Schriftrollen absuchen, um das Passwort für die Kellertür zu erlangen, allerdings müssen noch die Buchstaben auf dem Schriftrollen in der richtigen Reihenfolge gebracht werden.

Ihr Helden kotzt mich echt an: Der Ork im Klinsch mit der Party

Spielerisch bietet also Clouds of Xeen gute Standardware, die teils interessanten und herausfordernden Rätsel mal herausgenommen. Doch grafisch und im Soundbereich trumpft Clouds of Xeen richtig auf. Clouds of Xeen besitzt eine herrliche VGA Grafik, in der Städte, Verliese und Monster mit viel Liebe zum Detail dargestellt werden. Alle Monster im Spiel sind passend zur Situation animiert und fantastisch designt worden. So macht der Goblin beim Angriff noch ein finsteres Gesicht, wird er aber getroffen, versteckt er sich wimmernd hinter seinem Schild. Will die Party ein Verließ oder einen Turm betreten, kommt ein grimmiger, toll animierter, Wächter ins Bild, welcher die Party in Sprachausgabe ohne passenden Schlüssel davonschickt oder, wenn die Party den richtigen Schlüssel hat, wiederwillig die Tür öffnet. Alle Gegner im Spiel haben einen einzigartigen Soundeffekt, wenn sie angreifen. So brüllt der Kämpfer (eine schlechte Übersetzung des englischen Jouster, was Lanzenreiter bedeutet) ein lautes JAAAAAAA zum Angriff, während der verrückte Bettler aus Flußstadt in einer Mischung aus einen wahnsinngen Schrei und dem Geräusch beim Zubeißen angreift. Die Musik ist abwechslungsreich und bietet viele verschiedene Musikstücke. So gibt es ein Musikstück für jeden Laden, Gaststätte, Magiergilde, Trainingsgelände (herrlich, der Trainer ermuntert den Charakter mit einem gesprochenem "Sehr gut!" beim Levelaufstieg und verströstet den Charakter, falls noch nicht genug Erfahrungspunkte für einen Stufenaufstiegt gesammelt wurden, mit einem "Heute nicht!") , Tempel und Bank, sowie verschiedene Musikstücke für die Außenwelt, die Städte und die Verließe.

Scarface als Trainer: Schwitzen für den Aufstieg im Trainingslager

Mein Fazit:

Clouds of Xeen war bereits im Testbericht von Powerplay Liebe auf dem ersten Blick für mich. Auch wenn heute die simple Story und das klischeehafte und einfache Charaktersystem nichts mehr besonderes darstellt, so ist es doch die liebevolle Weltgestaltung mit seinen fantastisch, aussehenden und animierten Gegnern, die atmosphärischen Extras wie die Wächter der Verließe und Türme und die tolle Sprachausgabe nebst einem atmosphärischen Soundtrack die mich immer wieder in das Land Xeen reisen lassen, um dort in den namensgebenden Wolken seinem bösen Herren mit dem passenden Zauberschwert den Garaus zu machen.

"Du kommst hier net rein!" Der Türsteher lässt nicht jeden rein
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© Mathias Haaf