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  Eye of the Beholder II:             The Legend of               Darkmoon  Review

Das Titelbild

Auch wenn Computerrollenspiele in der 90er Jahren in der Hauptsache durch eine gute Geschichte und einer unwiderstehlichen Immersion in ihre Spielwelt punkten sollten, gibt es immer wieder Beispiele, wo auch die Grafik und der Sound stimmig ist. Als ich das erste mal das Intro von Eye of the Beholder II: The Legend of Darkmoon sah, hat es mich glatt umgehauen. Westwood, die ja bekannterweise für exzellente VGA-Grafiken berühmt sind (siehe z.b. die Legend of Kryandia Serie)

haben mit dem zweiten Serienableger noch einmal grafisch eine ganze Schubkarrenladung an Schippen draufgelegt: Der Beginn in der dunklen Seitenstraße mitsamt herrlich klingenden Gewitter, der türöffnende Butler im Haus von Khelben "Blackstaff" Arunsun, welcher die Party mit einer eleganten Verbeugung hereinbittet, der animierte Treppenaufstieg nebst passenden Treppenaufstiegssound und als Highlight Khelben an seinem Karmin stehend, erklärt der Party mit reflektierenden Feuerschein in seinen Augen ihre Mission....Wow, also wie ich bereits schrieb, das hat mich wirklich umgehauen, ehrlich gesagt tut es das sogar heute noch. Aber auch spielerisch kann Eye of the Beholder II sehr überzeugen.  

Krisentreffen beim Erzmagier: Khelben brieft die Party im Intro

Zusammen mit der dringenden Einladung von Khelben erhält die Party ein Schreiben vom Hauptmann der Stadtwache, in der ein reisender Forscher namens Kelso von einem magischen Zepter berichtet, welches jegliche Magie neutralisieren könne und sich in den Händen von Drow nordwestlich von Tiefwasser befinden soll.

In seinem Haus angekommen berichtet Khelben der Party über besorgniserregende Vorkommnisse im nahem Tempel von Darkmoon. Angeblich wurde der seit langen verlassene Tempel von einer bösen Sekte von Priestern wieder in Beschlag genommen. Um der Sache auf den Grund zu gehen, entsandte Khelben vor drei Nächten seine Spionin Amber, doch sie kehrte nicht zurück. Um mit der Party in Kontakt zu bleiben, überreicht der Erzmagier ihnen eine magische Münze und teleportiert sie in ein Waldstück nahe des Tempels. Im Wald angekommen (und nach der Erledigung des Begrüßungskommandos in Form eines Wolfsrudels) finden die Helden eine alte Frau, welche sie vor dem unheimlichen Einfluss des Tempels von Darkmoon warnt, ihnen aber freundlicherweise die Richtung zum Tempel zeigt. Dort angekommen, treffen sie auf ein freundliches Priesterpaar, welchen ihnen versichert, dass der Tempel gar nicht so böse ist. Die Priester lassen schnell die freundliche Maske fallen, als die Party sich die anderen Räume des Tempels ansehen möchte. Nach dem Kampf müssen sie allerdings feststellen, dass der Tempel verriegelt worden ist. Nun gibt es also schon drei Ziele: 1. Das Böse im Tempel ausfindig machen und ausschalten 2. Amber finden und 3. einen Fluchtweg aus Darkmoon finden.

So soll ein Dungeon aussehen: Der Totenkopf an der Wand grüßt die Party

Doch bevor es die Helden in finstere Wälder und noch finsterere Tempel zieht, hat der Dungeonmaster die Charaktergenerierung gesetzt. Eye of the Beholder II ist ein klassisches Dungeons & Dragons Rollenspiel, welches auch dessen Regeln (in der 2. Edition genauer gesagt) für die Charaktererstellung verwendet. Zur Wahl stehen die üblichen Verdächtigen Menschen, Zwerge, Elfen, Halbelfen, Halblinge sowie Gnome bereit, welche sich genretypisch in den Minimal und Maximalcharakterwerten unterscheiden und jeweils ein paar rassentypische Extras mitbringen wie z.b. besserer Schutz vor Gift oder Schlafmagie. Zur Berufswahl gibt es auch die traditionelle Auswahl an D&D Berufen, also Kämpfer, Magier, Dieb, Kleriker, Paladin und Waldläufer, die Regelkonform auch als -multi bzw. Dual-klasse gewählt werden kann. Nach der Wahl der Rasse und der Klasse steht das Würfeln der Charakterwerte an. Sind die passenden Werte ermittelt und ein repräsentatives Charakterbildchen gewählt, steht der Held zur Aufnahme in die Vierergruppe bereit. Außerdem ist es möglich, die Helden aus dem ersten Teil zu importieren, welche dann mit dem erhöhten Level und den (hoffentlich gefundenen) mächtigen Gegenständen (es kann z.b. ein +5 Langschwert im ersten Teil gefunden werden, wenn man bedenkt, dass die Maximalcharakterstufe von EOB I Stufe 12 ist, dann ist das balancetechnisch nicht gerade sehr ausgewogen...) den bösen Tempel erkunden können.

 

 

Ghettofaust und Reime: Die Frostriesen hauen hier alles raus

Die Wälder und der Tempel von Darkmoon werden in einem 3D Fenster erkundet, die Party bewegt sich schrittweise vorwärts, wobei die Drehungen in 90° stattfinden. Allerdings gibt es leider keine Auto Map, welche die verwinkelten Level im Spiel sehr unübersichtlich machen können. Kommt ein Gegner ins Sichtfeld, lassen die Helden ihre Waffen und Zauber mit Klick auf das jeweilige Icon rechts im Party Roster sprechen, wobei die Angriffe von Monstern und der Party zwar in Echtzeit ausgelöst werden, aber dennoch ein Cooldown zwischen den Aktionen besteht (richtigerweise ist dieses System sogar rundenbasiert, nur eben, dass es zwischen den Runden keine Pause gibt). In den Kämpfen kann sich die Party aber bewegen und somit den Gegner von der Seite oder von Hinten angreifen. Das kann taktisch sehr gut verwendet werden, da die Gegner sich erst wieder die Party zuwenden müssen, damit sie weiter angreifen können. Das artet bei manchen starken Gegner wie den Frostriesen oder gar den Endboss in einen regelrechten "Tanz" der Party um den Gegner herum aus, da die Party während der Bewegung weiterhin angreifen kann, der Gegner aber nicht.

Cthulhu's Kinder im Crimson Tower: Bei diesem Gegner tanzt die Party doch gerne

Die Verliese und Türme im Tempel von Darkmoon beherbergen allerlei Geheimnisse wie Geheimtüren, welche sich erst durch versteckte Knöpfe öffnen lassen oder Illusionswände, welche die Party mit dem richtigen Zauber aber verschwinden lassen können. Das Rätseldesign ist interessant gestaltet, so muss die Party z.b. vier Hörner, welche die vier Winde repräsentieren, im Kerker des Tempels finden, um eine Wand im Erdgeschoss zu öffnen oder später einen versteckten Altar finden, welcher der Party ein Zeichen des bösen Kultes in die Handfläche dieses Zeichen in der Hand brennt, damit sie von den magischen Wächtern in das Allerheiligste im Tempel vorgelassen werden können. Das in der Geschichte vorher erwähnte Zepter, welches den Namen "Starfire" trägt, wird auch von den Helden gefunden und wird auch benötigt, um eine Wand verschwinden zu lassen, außerdem erweist sich die anti-magische Kraft später bei einem besonderen Feind noch als sehr nützlich....Mein persönliches Lieblingsrätsel ist aber die Öffnung einer Wand, in der das Relief eines Schwertes eingelassen wurde. Um diese Wand zu öffnen, benötigt man die Einzelteile des Schwertes "Talon", welche im Tempel zu finden sind. Wenn man alle Teile zusammen hat (Talon's Tongue, Hilt of Talon und Eye of Talon) und sie in die Vertiefungen in der Wand eingesetzt hat, verschwindet die Wand. Das mag jetzt kein schweres Rätsel gewesen sein, dafür wird aber der Spieler beim Einsetzen der Teile von Talon mit einer kleinen Animation belohnt, in der die Wand in einem Blutschwall verwindet, außerdem erhält man das Schwert Talon, welches sich als ein +4 Langschwert herausstellt und eines der besten Waffen im Spiel ist (also....falls man keine importierte Party mit +5 Langschwert verwendet....).

Ein neues Tötungswerkzeug für die Party: Talon wird erschaffen

Wie ich schon in der Einleitung erwähnt habe, ist die Grafik im Spiel ein Traum in VGA. Auch nach dem wunderschönen Intro erwartet dem Spieler eine schön gezeichnete VGA Landschaft mitsamt animierten Gegnern. Die (kurze)Waldszene zu Beginn weicht im Tempel einer in grau-braun gehaltenen Architektur, in der Wandreliefs, Wandteppiche und bunte Fenster nicht fehlen dürfen. Alle paar Spiellevel wechselt das Thema des Leveldesigns, so dass die Party nicht immer die gleichen Wände nach Geheimtüren und Schaltern absuchen muss. Storyfortschritte wie etwa die Begrüßung der Priester, wenn die Gefährten Darkmoon das erste mal betreten, werden in toll gezeichneten, aber leider nur starren Bildern mitsamt eigener Sound- und Musikuntermalung präsentiert. Die Musik spielt allerdings nur in diesen Szenen, während der weiteren Kerkererkundung bleibt sie stumm. Die Soundeffekte sind sehr abwechslungsreich gestaltet: Die Waffenangriffe der Party werden mit einem pfeifenden Schwunggeräusch begleitet während gegnerische Treffer mit einem dumpfen Schlaggeräusch hörbar gemacht werden. Alle Zauber in Spiel werden beim Aussprechen mit einem individuellen Klangeffekt untermalt; selbst die Schritte der Gegner sind hörbar. Außerdem hat jeder Gegner einen einzigartigen Klangeffekt beim Angriff.

Im Zeichen des Bösen: Darkhan trägt das Mal des Tempels

Das Gegnerdesign ist abwechslungsreich gestaltet: Von den Eingangs erwähnten Wölfen zu kriechenden Frostriesen, über nur in Unterwäsche bekleideten Wachen (!) und zu den namensgebenden Beholdern im späteren Spiel ist alles vertreten, was in Fantasyrollenspielen Rang und Namen hat. Allerdings ist die Animation der Feinde sehr einfach gestrickt, es gibt nur zwei Animationsphasen: Bewegung und Angriff. Die Gegner sind nur in 2D gestaltet worden, so dass es von ihnen nur drei Seiten zu sehen gibt. Dafür wurden sie aber sehr liebevoll gestaltet, mein Favorit hier sind die Skelettkrieger im unterirdischen Kerker, welche mit einer reich geschmückten Rüstung protzen.

Gimme your fist, Bro!: Ghettofaust mal anders vom Frostriesen

Mein Fazit:

Eye of the Beholder II: The Legend of Darkmoon ist ein atmosphärischer Killer, ein Spiel, das vieles seiner Faszination seiner Präsentation zu verdanken hat. Das Spiel lebt aber auch von einem tollen Dungeon-und Rätseldesign nebst abwechslungsreichen gestalteten Gegnern und der typischen "Wie sieht das nächste Level aus?" Suchtmechanik. Für mich war EOB II der erste Teil der Serie und tatsächlich hat er mir auch am meisten Spaß gemacht. Die Story wird interessant im Spiel weitererzählt und der Abspann hat die gleiche hervorragende Qualität wie das Intro. Einzig das simple und teils unlogische Kampfsystem sowie die fehlende Automap können die Kerkererkundung etwas trüben.

Tempelchef ist not amused: Der Obermotz mag die Party nicht
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© Mathias Haaf